Tag 4 – Das Potenzial der Nicht-Kunden

Der Kunde ist König – dieses Prinzip kennen wir alle. Das ist nichts Neues. Wir wollen dem auch in keiner Weise widersprechen. Wenn wir von Kunden sprechen, dann gehen wir natürlich davon aus, dass Sie in einem Unternehmen oder einer Organisation aktiv sind. Sollten Sie in keinem Unternehmen oder in keiner Organisation arbeiten, dann stellen Sie sich einfach vor, Sie würden für Unternehmen oder für eine Organisation tätig sein, die Sie kennen.

Eine ganz einfache – fast triviale – arithmetische Übung zeigt jedoch, dass die Gruppe der Menschen, Organisationen oder Unternehmen, die gegenwärtig nicht zu Ihren Kunden zählen, vermutlich größer ist als die Gruppe, die Sie bereits Ihre Kunden nennen dürfen.

Von dieser Gruppe der Nicht-Kunden können Sie lernen und sich inspirieren lassen. Vielleicht werden diese Nicht-Kunden durch bestimmte Barrieren davon abgehalten Ihre Produkte zu kaufen. Vielleicht benötigen diese Nicht-Kunden Ihre Produkte nicht, weil sie die Probleme, die Ihr Produkt löst, mit anderen Mitteln lösen. Oder weil diese Nicht-Kunden den Nutzen nicht schätzen, den Ihr Produkt – darunter sind Güter und Dienstleistungen zu verstehen – bietet. Aus der Kenntnis der Hindernisse und Barrieren Ihrer Nicht-Kunden können Sie Innovationsmöglichkeiten ableiten.

Diese Innovationsmöglichkeiten werden Ihnen nicht nur helfen die Zufriedenheit Ihrer gegenwärtigen Kunden zu steigern, sondern auch einen – vielleicht kleinen – Teil der großen Menge der Nicht-Kunden zu Kunden zu machen. Seien Sie also offen nicht nur für die Probleme Ihrer Kunden, sondern auch für die Probleme derer, die noch nicht zu Ihren Kunden zählen.

Übung

Stellen Sie sich folgende Fragen, um neue Innovationsmöglichkeiten zu erkennen:

  1. Welche Personen, Unternehmen, Organisationen sind heute noch nicht Ihre Kunden?
  2. Von welchen Hindernissen und Barrieren werden diese abgehalten?

In Schumpeters (1912) Definition von Innovation findet sich auch, dass das Erschließen neuer Märkte durchaus als Innovation gesehen werden kann. Was zunächst nur als eine Ausprägung einer umfassenderen Marketingstrategie im geographischen Sinne wirkt, stellt sich als Innovation dar, weil nur in den seltensten Fällen bestehende Technologien, Geschäftsmodelle oder Produkte ohne jegliche Änderung auf geographisch neuen Märkten eingeführt werden können. In der Regel müssen selbst bestehende Produktkonzepte modifiziert werden, um lokalen, regionalen oder nationalen Anforderungen gerecht zu werden.

Dabei ist nicht notwendigerweise davon auszugehen, dass es sich dabei ausschließlich um die Erfüllung regulativer Auflagen wie Umweltschutzauflagen handelt. Vielmehr sind Veränderungen auch durch unterschiedliche Kundenanforderungen induziert. Im Falle der Anpassung von Gütern und Dienstleistungen auf nationale Anforderungen ist dann eher im Tätigkeitsspektrum der Entwicklung – im Gegensatz zur Forschung – zu sehen. Hier ist systematisches Innovationsmanagement – in einer weit definierten Form –  in die Pflicht genommen, wenn es darum geht, mit bestehenden Produkten Grenzen zu überwinden und neue Märkte zu erschließen (Gassmann und von Zedwitz 1999).

Innovationsmanagement ist dann von essentieller Wichtigkeit, wenn bestehendes Wissen, bestehende Ideen und Produkte in neue Märkte übertragen werden oder neue Märkte mit bestehendem Knowhow überhaupt erst erschlossen und generiert werden sollen. Hierbei handelt es sich nicht um die Erschließung neuer geographischer Märkte mit regional adaptierten Produkten, sondern um die Übertragung bestehenden Wissens in völlig neue Bereiche. Die Überwindung der herkömmlichen Grenzen der Anwendung bestehenden Knowhows hat profunde Veränderungen innerhalb der bestehenden Unternehmen zur Folge. Selbst erfolgreiche Innovationsprozesse müssen auf die neue Anwendung bestehender Technologien und bestehender Kompetenzen angepasst werden.

Oben sind wir davon ausgegangen, dass die Integration von Kunden in den Innovationsprozess vorteilhafte Wirkungen auf den Innovationserfolg generiert. Implizit haben wir dabei angenommen, dass uns die Integration von Kunden in den Innovationsprozess dabei hilft, die Bedürfnisse der Kunden besser zu verstehen. Wobei ‚verstehen‘ hier das entscheidende Wort ist. Um Kunden beziehungsweise Nicht-Kunden zu verstehen nehmen Unternehmen erhebliche Anstrengungen auf sich.

In den vergangenen zehn Jahren haben sich Methoden etabliert, die Ihnen helfen Ihre Kunden oder auch Ihre Nicht-Kunden zu verstehen. Ein wirklich interessantes Set an Methoden stellt Design Thinking dar, das Sie dazu anregt mit dem Blick und der Herangehensweise von Designern an Kundenbedürfnisse und deren Lösung heranzugehen.

Einführung in Design Thinking

Design Thinking bei Adidas


Wenn Sie glauben, dass Design Thinking nur für Unternehmen ist, die Güter produzieren, dann sehen Sie sich den Beitrag von Marc Stickdorn an. Wenn Sie die Vermutung hatten, dass Design Thinking auch für Service-Unternehmen interessant ist, dann sollten Sie sich diesen Beitrag auch ansehen. Sie werden in Ihrer Vermutung bestärkt.

Entscheidend ist immer, dass Ihre Innovation einen konkreten Nutzen für Ihre Kunden hat, dass die Innovation also ein Problem adressiert, das Sie mit der Innovation für Ihre Kundinnen und Kunden lösen. Jede Idee, die Sie haben, können Sie mit der einfachen Frage untersuchen: Welches Problem löst die Innovation?