Tag 1 – Innovation ist überall

Innovation ist überall. Eine genaue Betrachtung Ihrer Umwelt hilft Ihnen zu verstehen, dass jedes Objekt, jede Dienstleistung und jeder Produktionsprozess irgendwann einmal eine erfolgreiche Innovation war. Diese Übung soll Ihnen die unnötige Angst nehmen, sich mit Innovation auseinanderzusetzen und auch selbst Innovation zu wagen. Wenn Sie sich fragen, was eigentlich eine Innovation ist, dann lassen Sie sich zunächst einfach von Ihrem Alltagsverständnis leiten und gehen Sie davon aus, dass der Wortteil ‚nova‘ (=neu) in Innovation wichtig ist. Weniger wichtig ist es, für wen etwas neu ist – ob für die gesamte Welt, ob für eine Branche oder auch nur für einen Betrieb.

Übung

Sehen Sie sich (im Geiste) in Ihrem Umfeld um …

  1. Notieren Sie sich drei Innovationen – entweder aus Ihrem alltäglichen Umfeld oder aus Ihrem betrieblichen Umfeld – die zwischen 2001 und 2018 eingeführt wurden. 
  2. Notieren Sie sich drei Innovationen – entweder aus Ihrem alltäglichen Umfeld oder aus Ihrem betrieblichen Umfeld – die zwischen 1970 und 2000 eingeführt wurden. 
  3. Notieren Sie sich drei Innovationen – entweder aus Ihrem alltäglichen Umfeld oder aus Ihrem betrieblichen Umfeld – die zwischen 1900 und 1970 eingeführt wurden. 

Wichtig ist dabei nicht, dass Sie in der Lage sind die Innovation auf das Jahr genau in der Geschichte zu verorten. Wichtig ist vielmehr, dass Sie die Innovation ungefähr zuordnen.

Anmerkung

Wenn Sie sich nur Innovationen notiert haben, die heute noch existieren, dann haben Sie lediglich auf vergleichsweise erfolgreiche Innovationen zurückgegriffen. 

Lassen Sie sich nicht durch diesen Erfolg der Innovationen entmutigen, die heute noch existieren. Überlegen Sie sich dazu, warum wir glauben, dass die Römer solch großartige Baumeister waren? Die Antwort darauf ist so einleuchtend wie erstaunlich. Die Römer erscheinen uns als so erfolgreich, eben weil wir nur noch die Bauwerke römischer Baukunst wahrnehmen, die die Jahrtausende überdauert haben. Die qualitativ schlechteren Bauwerke liegen bereits in Schutt und Asche; wir nehmen sie nicht mehr wahr. Ebenso ist es mit den eher nicht erfolgreichen Innovationen – mit den Flops. Diese sind uns oftmals nicht im Gedächtnis. Das werden wir jedoch morgen in der nächsten Übung ändern.

Was genau verstehen wir unter Innovation?

Zunächst einmal ist Innovation etwas Neues, wie der Wortbaustein ‚nova‘ schon signalisiert. Das werden wir uns jedoch näher ansehen müssen. An dieser Stellen, wollen wir jedoch erst darauf hinweisen, dass der Begriff ‚Innovation‘ nicht unbedingt neu ist. Schon Dr. Samuel Johnson, der große englische Poet und Autor eines englischen Wörterbuchs, hat sich folgendermaßen über Innovation beschwert: „The age is running mad after innovation. All the business to be done in a new way“ (from J. Boswell, The Life of Samuel Johnson, 1791).

Kommen wir zurück zur Beobachtung, dass Innovation etwas Neues an sich hat. Beachten Sie dabei, dass sich das Konzept der Innovation in den Wirtschaftswissenschaften von unserem allgemeinen Sprachgebrauch etwas unterscheiden kann: 

  1. Innovation ist kein Synonym zu Idee. Eine Idee ist ein Einfall, ein neuer Gedanke, der nicht umgesetzt werden muss. Ideen werden zu Innovationen, wenn sie umgesetzt werden. Eine reine Idee für ein neues Produkt ist noch keine Innovation. Es handelt sich erst dann um eine Innovation, wenn das Produkt auch entwickelt und (mehr oder weniger erfolgreich) auf dem Markt eingeführt wird.
  2. In unserem Alltagsverständnis gehen wir davon aus, dass eine Innovation nur dann eine Innovation ist, wenn sie völlig neu ist, wenn es also vorher noch nichts dergleichen gegeben hat. In den Wirtschaftswissenschaften ist es jedoch nicht von Belang, ob die Innovation neu für die Welt (unser Alltagsverständnis), neu für den Markt oder auch neu für das Unternehmen ist.

Das ‚nova‘ in Innovation hilft uns bei der Typisierung von Innovationen. Sie können Innovationen zunächst danach unterscheiden, was neu ist. Dem Innovationsgegenstand nach unterscheidet man Produkt-, (Geschäfts-)Prozessinnovationen (OECD 2018). Auch Geschäftsmodellinnovationen wären hier zu nennen, die wir aber (hier) nicht weiter vertiefen werden. Nach dem Grad der Neuigkeit unterscheidet man inkrementelle und radikale Innovationen.

Produktinnovationen bestehen aus Veränderungen in Gütern oder Dienstleistungen, die von Unternehmen angeboten werden. Bei Gütern wäre hier beispielsweise jede neue Modellreihe eines Automobilherstellers zu nennen, bei Dienstleistungen könnte man die neuen Cloud-Computing-Dienstleistungen anführen. Produktinnovationen wird im Zusammenhang mit dem Halten und dem Ausbauen der Marktposition von Unternehmen—vor allem auch von KMU—eine wichtige Bedeutung zugeschrieben (Stummer et al. 2008, S. 14). Dabei können die Produktinnovationen den Kern des Produktes betreffen oder Zusatzleistungen darstellen. Wenn es sich im letzteren Fall um Dienstleistungen handelt, spricht man von produktbegleitenden Dienstleistungen, die sowohl Güter begleiten (Wartungs- und Instandhaltungsleistungen bei Investitionsgütern wie z.B. bei KONE Aufzuganlagen) als auch mit Dienstleitungen verbunden sein können (die Barmenia Versicherung hat ihr Serviceangebot erweitert und bietet ihren Versicherten zusätzliche Assistenzleistungen in der Unfallversicherung an). Langfristig können die produktbegleitenden Dienstleistungen zu einer Verschiebung des Kerngeschäfts führen.

Wie der Begriff schon andeutet, handelt es sich bei Geschäftsprozessinnovationen um Veränderungen bei allen möglichen Geschäftsprozessen eines Unternehmens.
Denken Sie bei Geschäftsprozessinnovation nicht nur an neue Prozesse zur der Herstellung von Gütern und Dienstleistungen. Denken Sie auch an neue Prozesse beim Bereich von Vertrieb und Logistik, im Marketing und Verkauf, im Bereich von Information und Kommunikation, im Bereich der Verwaltung und des Managements von Unternehmen und letztlich auch im Bereich der Forschung und Produktentwicklung (OECD 2018).

Letztendlich zielen Prozessinnovationen nicht nur auf den Preis als Wettbewerbsfaktor ab, indem sie es den Unternehmen ermöglichen Güter oder Dienstleistungen kostengünstiger zu erstellen. Neben dem Preis können auch höhere Qualität, reduzierter Ausschuss, bessere Ressourcenschonung, die Erfüllung von gesetzlichen Auflagen, verbesserte Sicherheit und Liefertreue, etc. Ziel von Prozessinnovationen sein. Darüber hinaus stellt man fest, dass in der Regel neue Prozesse nötig werden, wenn neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt gebracht werden. Produkt- und Prozessinnovationen sind also häufig simultan anzutreffen.

Die Unterscheidung zwischen inkrementellen und radikalen Innovationen hängt davon ab, in welchem Maße sich die den Innovationen zu Grunde liegende Technologie verändert hat. Der Unterschied zwischen inkrementellen und radikalen Innovationen hängt damit am Neuigkeitsgrad der Innovation. 

Radikale Innovationen weisen einen hohen Innovationsgrad bzw. einen hohen Neuigkeitsgrad auf. Sie verändern nachhaltig die grundlegenden Eigenschaften von Gütern und Dienstleistungen, wie beispielsweise geschehen durch synthetische Materialien, das Internet, die Dampfmaschine. Radikale Innovationen können einen Beitrag zu sogenannten technologischen Revolutionen leisten. 

Dodgson et al. (2008, S. 58) zeigen exemplarisch, wie das Management auf die Herausforderungen reagieren kann, die dann auftreten, wenn radikale Innovationen avisiert werden:

  1. Offenheit für neue Ideen von außerhalb des Unternehmens und der Branche
  2. Aufbau und Erwerb neuer Kompetenzen durch Weiterbildung und Recruiting
  3. Kontinuierliche Suche nach neuen technologischen Möglichkeiten und Marktchancen
  4. Links zu anderen Akteuren im Innovationssystem wie Hochschulen, Forschungsinstituten, etc.
  5. Netzwerke und Allianzen auch mit Akteuren außerhalb der Branche
  6. Investment in unterschiedliche Technologien, um für unterschiedliche Zukunftsszenarien gerüstet zu sein

Inkrementelle Innovationen sind kleine Veränderungen an bestehenden Gütern, Dienstleistungen oder Produktionsprozessen, die diese schrittweise, aber in der Summe nachhaltig, verändern. Im Vergleich zu radikalen Innovationen kommen inkrementelle Innovationen erheblich häufiger vor und können bei den innovierenden Unternehmen in der Summe zu beachtlichen Ertragssteigerungen führen. Inkrementelle Innovationen sind die Innovationen, mit denen die Vielzahl von innovativen Unternehmen ihr Überleben sichert. Die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen stellen inkrementelle Innovationen in den Fokus ihrer Innovationsaktivitäten.

Die kontinuierliche Verbesserung bestehender PKW-Modelle, zusätzliche Eigenschaften und Fähigkeiten der jeweils neuesten Generation von Mobiltelefonen können beispielsweise als inkrementelle Innovationen gelten. Eine inkrementelle Dienstleistungsinnovation ist beispielsweise die Erweiterung des Angebotes eines Restaurants auf Cateringdienstleistungen.

In Dodgson et al. (2008, S. 58) werden diese Praktiken und Herangehensweisen dargestellt. Sowohl die Auflistung in Dodgson et al. (2008) als auch die hier dargestellte Liste ist nicht umfassend. Andere Ansätze sind möglich.

  1. Geringe Veränderungen bei bestehenden Produkten
  2. Zusätzliche Eigenschaften für bestehende Produkte
  3. Kostenvorteile gegenüber dem Wettbewerber 
  4. Standardisierung von Abläufen zur Effizienzsteigerung

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