Schon Schumpeter (1912) beschreibt Anfang des 20. Jahrhunderts, dass Innovationen als neue Kombinationen (von Ideen, Wissen und Technologien) anzusehen sind. Über den Verlauf des letzten Jahrhunderts hat sich daran wenig geändert. Neue Produkte, neue Dienstleistungen, neue Produktionsprozesse, neue Geschäftsmodelle oder Organisationsstrukturen entstehen durch neue Kombinationen von bereits Bestehendem und dessen Weiterentwicklung. Hervorzuheben ist dabei die Konvergenz von Technologien, bei der zwei Technologien, die sich zwar zunächst getrennt voneinander entwickelt haben, irgendwann einen gemeinsamen Entwicklungspfad einschlagen. Die daraus entstehende neue Technologie eröffnet völlig neue Horizonte. Als Beispiel können hier die Mechatronik als Kombination von Maschinenbau und Elektronik, die Optoelektronik als neue Kombination von Optik und Elektronik oder die Konvergenz von Sprach- und Datentechnologien (Fai und von Tunzelmann 2001) genannt werden. Ebenso fällt in diesen Bereich natürlich die Entwicklung des Mobiltelefons als neue Kombination von Telefontechnik und Funktechnologie. Im Dienstleistungsbereich können wir exemplarisch auf die Konvergenz von Kur- und Gesundheitsdienstleistungen mit herkömmlichen Hoteldienstleistungen zum Wachstumsfeld des Wellness-Tourismus verweisen.
Innovationen entstehen damit an der Schnittstelle zwischen ursprünglich voneinander getrennten Bereichen. Die Bereiche können Branchen, Disziplinen oder auch nur unterschiedliche Abteilungen in einem Unternehmen sein. Das Überwinden interorganisationaler Grenzen ist damit von herausragender Bedeutung für die Entstehung von Innovationen (Heinze und Kuhlmann 2008). Die Herausforderung des Innovationsmanagements ist dabei diese Grenzen zu überwinden und die Entwicklungspotentiale zu realisieren, die in der Heterogenität unterschiedlicher Branchen, unterschiedlicher Disziplinen und innerhalb des eigenen Unternehmens vorhanden sind.
Es zeigt sich, dass Innovationen Unternehmen dabei unterstützen die üblichen Routinen in einer Branche zu zerstören und dadurch hohe Renditen erzielen. Die sogenannten Returns to Innovation sind für Innovatoren in Low-Tech Branchen erheblich höher und attraktiver als in High-Tech Branchen. Hohe ökonomische Opportunitäten – die Möglichkeit sich vom Wettbewerb abzusetzen – sind in Low-Tech Branchen ganz erheblich. Diese können durch Innovationsaktivitäten genutzt werden (Ebersberger, Marsili, Reichstein und Salter 2008), Wachstumspotentiale realisieren und aus den Wachstumsmustern ausbrechen, die durch den Branchenkontext vorgegeben werden (Reichstein, Dahl, Ebersberger und Jensen 2009).
In einer immer komplexer werdenden Welt kann heute kein Unternehmen – egal welcher Größenordnung – alle Technologien und Fähigkeiten beherrschen und weiterentwickeln, die gegenwärtig für die Generierung von Innovationen erforderlich sind. Innovierende Unternehmen müssen also die Unternehmensgrenzen überwinden und in einem interaktiven Innovationsprozess gemeinsam mit Partnern die Entwicklung erforderlicher Technologien vorantreiben (Tether 2002; Dachs, Ebersberger, Pyka 2008). Innovationskooperationen tragen zur Steigerung der Produktivität des Innovationsprozesses bei (z.B. Czarnitzki, Ebersberger, Fier 2007).
Die Grenzen des Unternehmens werden also durch die zunehmend anspruchsvolleren Technologien immer unwichtiger, undeutlicher und diffuser. Kein innovierendes Unternehmen kann sich ausschließlich auf seine eigenen Kompetenzen verlassen, vielmehr ist es erfolgsentscheidend, dass innovierende Unternehmen in der Lage sind, sich in Entwicklungs- und Wissensnetzwerke, die komplementäres Wissen und Kompetenzen bereit stellen, zu integrieren, diese zu unterhalten und zu managen. Wenn Sie sich in der Rolle eines Managers oder einer Managerin sehen, dann bedeutet das für Sie: Finden Sie Partner, die Zugriff auf Wissen und Technologien haben, die zu dem passen, über was Ihr Unternehmen bereits schon verfügt.
Der Innovationsprozess muss durch gezieltes Überwinden der Grenzen des eigenen Unternehmens durch Kooperationen auf breitere und stabilere Beine gestellt werden. Für das moderne Innovationsmanagement ergibt sich im Kontext des Managements von Innovationskooperationen eine Vielzahl von Fragestellungen, die auf die Anbahnung, das Management und die IPR-Sicherung bei Kooperationen abzielen. Hier wird nochmals klar, was Sie schon am Tag Null erfahren haben: Sie benötigen Hilfe und Unterstützung von Experten. Scheuen Sie nicht, sich diese auch zu holen!
Der Erfolg einer Innovation bemisst sich letztendlich an der Akzeptanz, die neue Güter, neue Dienstleistungen oder neue Produktionsprozesse bei den jeweiligen Kunden bzw. Anwendern finden. Ohne die Zahlungswilligkeit und die Zahlungsfähigkeit der Kunden ist jede noch so geniale technische Neuerung nicht als erfolgreiche Innovation anzusehen. Für den Innovationserfolg benötigen Sie nicht nur technischen Erfolg sondern auch wirtschaftlichen Erfolg.
Im Rahmen erfolgreichen Innovationsmanagements tritt dabei immer mehr die Rolle des Kunden in den Vordergrund, die dieser im Verlauf des Innovationsprozesses einnehmen kann. Der Kunde bzw. die Kundin ist nicht nur gleichsam der Schiedsrichter über den Erfolg oder den Misserfolg am Ende der Entwicklung. Kunden werden in modernen und offenen Innovationsprozessen von Anfang an in die Entwicklung und Gestaltung neuer Güter oder Dienstleistungen integriert. Dabei wird das Wissen und die Expertise von Kunden nicht nur in der Phase der Ideensammlung für neue Innovationsprojekte genutzt (Herstatt und Verworn 2007), sie werden auch in die Entwicklung, den Test erster Prototypen, im Interface-Design, etc. integriert.
Dabei steht im Mittelpunkt, neue Güter, Dienstleistungen oder Prozesse zu entwickeln, die den jeweiligen Kunden den größtmöglichen Nutzen liefern und damit letztendlich die Zahlungswilligkeit der Kunden für die innovierenden Unternehmen zu mobilisieren. Es zeigt sich, dass Innovationsprojekte, die unter der Einbeziehung von Kunden durchgeführt werden, in der Regel erfolgreicher ablaufen als Innovationsprojekte, die sich dem Lackmustest der Kundenakzeptanz erst bei der Markteinführung unterziehen.
Im Innovationsmanagement muss also in systematischer Weise die Grenze zwischen Kunden und Produzenten von Innovationen überwunden werden. Kunden werden durch ihre Integration in den Innovationsprozess zu Co-Innovatoren. Sie werden zu Ideengebern, die nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklungspfade erfolgreicher Unternehmen ausüben (von Hippel 1988, 2005; von Hippel und Katz 2002). Der allgemeine Trend in der neueren Innovationsmanagement-Forschung ist ein Plädoyer für die Offenheit des Innovationsprozesses (Chesbrough 2003, 2006a, 2006b). Dabei steht nicht nur die Integration des Kunden in den Innovationsprozess im Mittelpunkt. Vielmehr wird darauf hingewiesen, dass die Integration diverser externer Innovationsquellen und externer Akteure die Produktivität des Innovationsprozess von Unternehmen erhöht (Laursen und Salter 2006; Ebersberger et al. 2008, Bogers et al. 2018). Unternehmen weisen jedoch unterschiedliche Neigung auf, ihren Innovationsprozess zu öffnen. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen öffnen weniger häufig ihren Innovationsprozess als dies vergleichbare aber größere Unternehmen tun (Ebersberger et al. 2008). Die Öffnung des Innovationsprozesses (Open Innovation) nach außen hin benötigt jedoch – fast schon als Grundvoraussetzung – eine interne Öffnung des Innovationsprozesses. Innovation ist nicht die Aufgabe einiger weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Zentralen oder in speziellen Bereichen, wie Forschung und Entwicklung. Vielmehr muss die interne Offenheit Innovation zum Thema aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden lassen (Sutton 2002). Dazu ist es jedoch nötig, nicht nur interne Strukturen zu schaffen, die allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Möglichkeiten und Anreize bieten sich am Innovationsprozess zu beteiligen, vielmehr muss auch die Führungsphilosophie diese interne Offenheit zulassen und fördern. Sie als Führungskräfte müssen diese Offenheit vorleben. Wissensmanagement und Ideenmanagement stellen damit einen entscheidenden Beitrag zur Steigerung der Innovativität dar (Czarnitzki und Kraft 2007).